Es heißt auch, dass man, bevor man irgendwann die höchste Verwirklichung erreicht, jede menschliche Erfahrung schon mal gemacht haben muss oder mindestens erlebt haben muss. Und dazu gehören alle möglichen schönen Erfahrungen, Triumphe und euphorische Erfahrungen, Verratserfahrungen, Verlusterfahrung, Ärgererfahrung, Trauererfahrung, Niedergeschlagenheitserfahrung. Also, all die gehören dazu. Geduldserfahrungen, Durchsetzungserfahrungen, Nachgebenerfahrungen usw. Alle möglichen. Wir wissen natürlich nicht, wie viel wir schon hinter uns haben, und wir wissen auch nicht, was noch vor uns ist, aber wir wissen, was jetzt gerade ansteht. Dummerweise wissen wir aber nicht, was das Lernziel ist. Das unterscheidet jetzt die karmische Lernerfahrung, karmische Schule, von modernem pädagogischen Unterricht. Wir können es aber wie Erstklässler erfahren. Ich glaube, die Erstklässler wissen auch nicht, wozu es gut sein soll, Einmaleins zu lernen, nur die Erstklässler haben ein natürliches Bedürfnis, zu lernen. Ich glaube, die meisten Erstklässler gehen gerne auf die Schule. Stimmt das? Also irgendwo, ich glaube, mit sechs, sieben ist das Lernbedürfnis mit am größten. Aber sie wissen nicht genau, warum sie das lernen. Irgendwo, sie wollen es einfach lernen. Irgendwann aber, mindestens ab dem zehnten, elften Lebensjahr, ist guter pädagogischer Unterricht so, dass der Lehrer vorher sagt: „Das ist das Lernziel, deshalb ist es gut, das zu lernen. Das und das werdet ihr dafür machen und am Ende werdet ihr das und das wissen.“ So ist aber das Karma nicht. Karma lehrt uns eher wie Erstklässler. Wir wissen nicht, was die Lektion ist. Also, z.B. angenommen, es geht was schief. Was ist die Lektion? Die Lektion kann sein, dass man mal lernt, Trauer zu empfinden. Die Lektion kann sein, dass man nicht gleich aufgibt, wenn was schief geht, sondern sich vermehrt anstrengt. Die Lektion kann sein, dass man auch mal ein Herzensprojekt auch mal fallen lässt. Die Lernlektion kann sein, dass man lernt, um Hilfe zu bitten, denn allein hat man es nicht gepackt, aber man kann ja jemand anderes fragen. Also, wir wissen nicht genau, was die Lernlektion ist, sondern die Lernlektion präsentiert sich vor uns. Dann hatte ich gesagt, einige der Lektionen kommen auf uns zu, einfach, weil sie notwendig sind, damit wir irgendwann die Selbstverwirklichung erreichen. Andere schaffen wir selbst. Das ist so, wie wenn man sich im Unterricht nicht richtig verhält – ich weiß nicht, ob das heute noch so ist, zu unserer Zeit war es so – dann musste man Strafarbeiten machen. So ähnlich kann es sein, dass wir durch unser Verhalten auch zusätzliche Lektionen schaffen. Also angenommen, man schadet bewusst einem anderen Menschen nur um eigenen Vorteil willen oder noch schlimmer, einfach um einen anderen zu schaden, dann schafft man sich damit eine zusätzliche Lektion und das wird sich irgendwann manifestieren als negatives Karma. Also das, was wir einem anderen zugefügt haben, wird uns irgendwie selbst zugefügt, dass wir erfahren, wie es ist, wenn so etwas passiert. Natürlich in der Hoffnung, dass man es nicht nochmals macht. Desweiteren gilt auch ähnlich wie bei der Schule, manche Fächer kann man abwählen und andere nicht, und manche Lektionen kommen, ohne dass man was daran ändern kann.
– Fortsetzung folgt –
Teil 76 der Niederschrift aus einem Workshop mit Sukadev zum Thema „Reinkarnation und Karma“ in der Yogaschule Yoga Vidya Speyer.
- Mehr Infos zu Reinkarnation im Yoga Vidya Reinkarnations-Portal
- Mehr Infos zu Karma im Yoga Vidya Karma-Portal